Vorvertragliche Vereinbarungen beim Liegenschaftskauf
Vorvertrag, Option und Punktation
Im Zusammenhang mit Immobilientransaktionen kommt es zwischen den kontrahierenden Parteien häufig bereits zu bindenden vorvertraglichen Vereinbarungen. Damit soll vor allem für den Verkäufer sichergestellt werden, dass die Transaktion tatsächlich durchgeführt wird; dem Käufer soll dies die Sicherheit bringen, dass das Kaufobjekt dem Markt entzogen wird. Die verschiedenen Möglichkeiten und Arten, mittels welchen vorvertragliche Vereinbarungen ihren rechtlichen Niederschlag finden, soll in der Folge dargestellt werden.
1. Der Vorvertrag
Nach dem Gesetzeswortlaut des § 936 ABGB handelt es sich bei einem Vorvertrag um die Verabredung, erst künftig einen Vertrag schließen zu wollen. In der Regel werden Immobilienkäufe kreditfinanziert. Sinn und Zweck einer dem Immobilienkauf vorangehenden vorvertraglichen Regelung besteht darin, dass sich Verkäufer und Käufer bereits wirksam binden wollen, jedoch für den Abschluss des Hauptvertrags noch rechtliche oder tatsächliche Hindernisse bestehen, indem zB die Finanzierungszusage der kreditfinanzierenden Bank noch eingeholt werden muss.
Ein Vorvertrag verpflichtet die Parteien zum Abschluss des Hauptvertrags, bei Immobilientransaktionen daher zum Abschluss des Kaufvertrags. Es ist daher wichtig, zu erkennen, dass aus einem Vorvertrag nicht auf die Erfüllung der sich aus dem nachfolgend abzuschließenden Kaufvertrag ergebenden Pflichten geklagt werden kann, sondern sich eine allfällige Klage nur auf den Abschluss des Kaufvertrags richten kann.[1] Ein solcher Vorvertrag kann einseitig oder auch zweiseitig verpflichtend sein. Die Möglichkeit der einseitigen Verpflichtung und Bindung ergibt sich daraus, dass der nachfolgende Hauptvertrag nicht unbedingt zwischen denselben Personen geschlossen werden muss.[2] In diesem Fall wird der gebundene Vertragspartner nur bedingt, nämlich für jenen Fall verpflichtet, dass der berechtigte Teil fristgerecht von seinem Recht Gebrauch macht, indem er ihn zum Abschluss des Hauptvertrags auffordert.[3]
Nun stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen ein Vorvertrag zustande kommt und wie er von anderen Vertragstypen, insbesondere der Punktation, welche dem Hauptvertrag in seiner rechtlichen Gültigkeit gleicht, abzugrenzen ist. Dies ist nämlich vor allem in der Praxis problematisch, in welcher Parteien im Glauben, einen Vorvertrag abzuschließen, bereits einen Vertragstext unterfertigen, welcher ohne jegliche weitere Urkunde bereits jene Rechtswirkungen entfaltet, die erst der nachfolgende Hauptvertrag entfalten sollte.
Zunächst gelten sowohl für den Vorvertrag als auch für den Hauptvertrag dieselben Bestimmtheitserfordernisse, da der Vorvertrag so bestimmt sein muss, dass er auch als Hauptvertrag bestehen könnte.[4] Dies resultiert daraus, dass ohne besonderen Grund nicht angenommen werden kann, dass die Vertragsparteien den Umweg über den Vorvertrag und die Klage auf Abschluss des Hauptvertrags statt des direkten Leistungsanspruches wählen.[5] Beim Kauf einer Immobilie ist daher jedenfalls die genaue Bezeichnung der Liegenschaft und des dafür aufzuwendenden Preises erforderlich, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen (§ 1054 ABGB).[6]
Wenn jedoch ein Vorvertrag die essentialia negotii eines Immobilienkaufvertrags bereits enthalten muss, stellt sich die Frage, inwiefern nun ein Vorvertrag vom nachfolgenden Kauf und damit Hauptvertrag abzugrenzen ist. Entscheidend ist hierbei der Parteiwille. Dieser kommt ua dadurch zum Ausdruck, dass die Parteien der Immobilientransaktion im Leistungsinhalt des Vorvertrags die Verpflichtung aufnehmen, erst künftig einen Vertrag schließen zu wollen.[7] So qualifizierte der OGH eine vorvertragliche Vereinbarung als Vorvertrag, in welchem geregelt war, dass das Zustandekommen des Hauptvertrags nach dem maßgeblichen Parteiwillen von der Unterfertigung eines schriftlichen Kaufvertrags abhängig sein sollte.[8]
Die Gültigkeit eines Vorvertrags setzt weiters voraus, dass der Zeitpunkt des Hauptvertragsabschlusses bestimmt sein muss, wobei auch die Ermittlung nach § 914 ABGB als ausreichend erachtet wird.[9] Dies ist deshalb so bedeutsam, da § 936 ABGB vorsieht, dass der Anspruch auf den Abschluss des Hauptvertrags binnen eines Jahres geltend gemacht werden muss, widrigenfalls das Recht erlischt. Diese Präklusivfrist beginnt mit dem für den Abschluss des Hauptvertrags in Aussicht genommenen Zeitpunkt zu laufen.[10] Der Abschluss des Hauptvertrags stellt dabei die Vollziehung der Zusage dar. Innerhalb eines Jahres muss daher auf den Abschluss des Hauptvertrags geklagt werden.[11]
Der Abschluss eines Vorvertrags ist grundsätzlich formfrei möglich, wobei der Vorvertrag dann einem Formgebot unterliegt, wenn auch der Hauptvertrag einem Formgebot unterliegt.[12] Für eine entgeltliche Übertragung einer zum Zweck des Hausbaus erworbenen Liegenschaft an den Ehegatten wäre daher auch für den Vorvertrag die Notariatsaktsform einzuhalten.[13]
Ein wesentlicher Unterschied zum Hauptvertrag zeigt sich beim Vorvertrag in seiner Bindungswirkung. Diese erfährt nämlich insbesondere dadurch eine Abschwächung, als bei Vorverträgen die sogenannte Umstandsklausel gilt, sowie dadurch, dass er innerhalb eines Jahres durchzusetzen ist. Die Umstandsklausel regelt hierbei, dass keine Verpflichtung zum Abschluss des Hauptvertrags bestehen soll, wenn sich wesentliche Umstände, also die Rahmenbedingungen für den Hauptvertrag, ändern sollten.
2. Die Option
Das ABGB enthält keine Regelungen für Optionsverträge, weshalb die Bestimmungen über den Vorvertrag in weitem Umfang angewendet werden.[14]
Bei der Option handelt es sich um einen Vertrag, durch welchen einer Partei das Recht eingeräumt wird, ein inhaltlich vorbestimmtes Schuldverhältnis in Gang zu setzen, somit ein Gestaltungsrecht geltend zu machen.[15] Hier zeigt sich auch der Unterschied zum Vorvertrag, welcher nur ein Recht auf Abschluss des Hauptvertrags einräumt. Die Option hingegen gewährt dem Begünstigten sogleich die sich aus einem Hauptvertrag ergebenden Rechte. Ein weiterer Unterschied zum Vorvertrag zeigt sich darin, dass der Ausübung der Option keine zeitliche Schranke gesetzt ist, also die in § 936 ABGB verankerte Ausübungsbefristung keine analoge Anwendung findet.[16] Vielmehr hat es der Optionsberechtigte in der Hand, wann er von der Option Gebrauch machen will.[17]
Ein Optionsvertrag muss jedoch ebenfalls über die wesentlichen Vertragsbestimmungen verfügen. Nur unwesentliche Vertragsbestimmungen, die dem dispositiven Recht entnommen werden können, wie etwa Zeitpunkt der Berichtigung des Kaufpreises, der Übernahme des Kaufgegenstands oder der Errichtung des schriftlichen Kaufvertrags, müssen nicht von vornherein bestimmt sein.[18] Weiters wird auf Optionen ebenfalls die für Vorverträge geltende Umstandsklausel analog angewendet.[19]
3. Die Punktation
Die Abgrenzung einer Punktation zum Vorvertrag führt, wie oben bereits erwähnt, in der Praxis häufig zu Problemen. Denn bei einer Punktation handelt es sich nach dem Wortlaut des § 885 ABGB zwar noch um keine förmliche Urkunde im Sinne eines Hauptvertrags, jedoch um einen Aufsatz über die Hauptpunkte, der für sich genommen bereits jene Rechte und Verbindlichkeiten begründet, welche in ihm ausgedrückt sind.
Riedler definiert die Punktation als vorläufig verbindliche, konzeptartige und schriftliche Fixierung der Hauptpunkte eines damit abgeschlossenen Vertrags, der erst später in einer förmlichen Urkunde in Reinschrift ausgefertigt werden soll, in welcher Einzelheiten der Vereinbarung geregelt bzw näher konkretisiert werden sollen.[20]
Auch wenn daher eine vorvertragliche Regelung womöglich noch nicht über alle von den Parteien intendierten Vertragspunkte abspricht, ist von einer Punktation bereits dann auszugehen, wenn die Vereinbarung die essentialia negotii[21] des beabsichtigten Geschäfts, die zumindest für einen Vertragsteil alle erkennbar wesentlichen Punkte darstellen und sich aus der Vereinbarung bereits der Bindungswille der Parteien ergibt, an die vorvertragliche Vereinbarung gebunden sein zu wollen, sodass aus dieser bereits wechselseitige Erfüllungsansprüche bestehen. Es handelt sich daher um ein von beiden Vertragsteilen unterfertigtes Schriftstück, in dem die Hauptpunkte des Vertrags schon vor der beabsichtigten Errichtung der endgültigen Vertragsurkunde fixiert werden.[22]
Erst kürzlich hatte der OGH eine vorvertragliche Regelung iZm einem Liegenschaftskauf dahingehend auszulegen, ob es sich um einen Vorvertrag oder eine Punktation handelte (OGH 18. 5. 2022, 1 Ob 130/21f). Er kam hierbei zu dem Schluss, dass zwischen den Parteien eine Punktation zustande gekommen war, aus welcher dem Erwerber bereits der Anspruch auf Herausgabe der durch die Liegenschaft vereinnahmten Mietzinse zustand. Dies deshalb, da sich Verkäufer und Käufer bereits über Ware und Preis geeinigt hatten, sofern der Verkäufer binnen einer vereinbarten Frist keinen bestimmten Kriterien entsprechenden Referenzkaufvertrag vorlegen würde, welcher ihn aufgrund des dort festgesetzten Quadratmeterpreises zu einer Erhöhung des Kaufpreises berechtigen würde. Da der Verkäufer jedoch nur untaugliche Referenzkaufverträge beibrachte, die vorvertragliche Vereinbarung für diesen Fall jedoch keine Rechtsfolgen vorsah, kam der OGH im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung zu dem Schluss, dass redliche Vertragsparteien auch für den Fall der Beibringung untauglicher Referenzkaufverträge keine abweichenden Rechtsfolgen vereinbart hätten. Der OGH argumentierte, dass es den Parteien nur auf die objektive Übereinstimmung einer als Referenzkaufvertrag vorgelegten Urkunde mit den festgelegten Eignungskriterien angekommen wäre. Die vorvertragliche Vereinbarung war daher mit Ablauf der vereinbarten Frist zur Vorlage eines tauglichen Referenzkaufvertrags bereits perfekt, wodurch die aus einem Kaufvertrag ableitbaren Rechtswirkungen bereits vor Einverleibung im Grundbuch eingetreten waren.
In Zusammenschau von §§ 885 und 886 ABGB ergibt sich, dass Punktationen der Schriftform bedürfen. Auch hier gilt jedoch gleichsam wie bei Vorverträgen, dass strengere Formerfordernisse dort gelten, wo auch das zustande gekommene Rechtsgeschäft strengeren Formvorschriften unterliegt.
Auf den Punkt gebracht
Welche rechtlichen Wirkungen vorvertragliche Vereinbarungen entfalten, ist gerade beim Erwerb von Liegenschaften von entscheidender Bedeutung, da die Rechtsfolgen erhebliche Unterschiede mit sich bringen. Bei der Auslegung dieser Vereinbarungen ist stets auf den Partei und Bindungswillen abzustellen, nämlich insbesondere darauf, ob nach dem intendierten Zweck der Vereinbarung bereits jene Rechtsfolgen abgeleitet werden sollen, welche nachfolgend ebenfalls im Hauptvertrag ihren Niederschlag finden. Dabei spielt die Bezeichnung der vorvertraglichen Vereinbarung als Vorvertrag oder Punktation nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr ist der Inhalt darauf zu überprüfen, ob die Vereinbarung für sich gesehen bereits perfekt ist oder wesentliche Punkte noch offengelassen wurden, welche erst nachfolgend in einer förmlichen Urkunde definiert werden sollen.
Bompard, A. (2023): Vorvertragliche Vereinbarungen beim Liegenschaftskauf, in: immo aktuell, 5. Jahrgang, Nr. 2, S.78-80.
[1]Koziol, Entscheidungsbesprechung (Abgrenzung Vorvertrag, Punktation und Hauptvertrag), ZAS 1969, 15 (17); Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I9, 117; Mayrhofer, Schuldrecht I3 (1986) 197; Gschnitzer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB–Klang-Kommentar IV/12 (1978) 570; Reischauer in Rummel, ABGB2, § 936 Rz 1; Binder in Schwimann, ABGB, § 936 Rz 1; OGH 31. 1. 1980, 7 Ob721/79. [2]Gschnitzer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB IV/12, 570; Mayrhofer, Schuldrecht I3, 201; Binder in Schwi-mann, ABGB, § 936 Rz 26; MietSlg 17.709; OGH 13. 3. 1968, 5 Ob 48/68. [3]Mayrhofer, Schuldrecht I3, 200 (FN 21). [4]Vgl MietSlg 5.520; OGH 21. 9. 1977, 1 Ob 604/77. [5]Gschnitzer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB IV/12, 573. [6]OGH 2. 6. 2003, 5 Ob 122/03g. [7]Gschnitzer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB IV/12, 570. [8]OGH 14. 6. 2005, 2 Ob 33/05z ua; 20. 9. 1994, 4 Ob 1584/94 mwN; Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02, § 936 Rz 2. [9]P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB6 (2020) § 936 Rz 3; Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 (2015) § 936 Rz 26, unter Berufung auf OGH 17. 12. 1976, 6 Ob 591/76; dazu Gruber in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02, § 936 Rz 10. So nun auch OGH 29. 1. 2015, 9 Ob 61/14g. [10]Gschnitzer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB IV/12, 578; Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I3, 88; Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil (1995) 13; OGH 6. 12. 1938, 3 Ob 689/38. [11]Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I3, 88; Gschnitzer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB IV/12, 578. [12]OGH 9. 4. 1986, 1 Ob 518/86. [13]OGH 27. 9. 1950, 3 Ob 164/50. [14]OGH 12. 9. 2001, 4 Ob 159/01p. [15]OGH 25. 3. 2019, 8 Ob 17/19m. [16]OGH 31. 1. 1980, 7 Ob 721/79; 29. 8. 1994, 1 Ob 585/94 ua; RIS-Justiz RS0018775; Reischauer in Rummel, ABGB2, § 936 Rz 6; Binder in Schwimann, ABGB, § 936 Rz 13 und 15. [17]OGH 29. 8. 1994, 1 Ob 585/94; RIS-Justiz RS0104149. [18]MietSlg 27.121; RIS-Justiz RS0019207 ua. [19]OGH 25. 4. 1996, 2 Ob 2032/96d. [20]Riedler in Schwimann/Kodek, ABGB: Praxiskommentar4 (2014). [21]Rummel in Rummel, ABGB2, § 885 Rz 2. [22]Kolmasch in Schwimann/Neumayr, ABGB: Taschenkommentar.